Trainigsprogramm Moringa: Vom Anbau bis zur Verarbeitung und Nutzung
Nachdem sich die Frauen für die Fortsetzung des Projektes entschieden hatten, hatte der Chief alle Anstrengungen unternommen, um die Vorbereitungen für das geplante Trainingsprogramm vom 22.02 - 26.02.2017 zu gewährleisten. Dazu gehörte die Bereitstellung der Verpflegung, das gesamte Materials wie Papier, Marker und Kreide und ähnliche Materialien, damit ein reibungsloser und qualitativer Workshop abgehalten werden kann.Neben den typischen Seminarutensilien, wurden auch Anschauungsmaterialien für das Pflanzen der Moringa bereitgestellt. Auch die Kleidung zur Verarbeitung wurde aus Hygienegründen allen übergeben.
39 Frauen und 3 Männer haben sich zurückgemeldet und an dem fünftätigen Training regelmäßig teilgenommen. Geleitet wurde der Workshop von Mercy, die von einem weiteren Experten für Landwirtschaft, insbesondere für den Anbau von Moringa unterstützt wurde. Da viele Frauen weder Schreiben noch Lesen konnten, spielte für die Leiterin des Workshops die Kommunikation zwischen den Teilnehmerinnen eine große Rolle. Deshalb achtete sie besonders darauf, dass die Frauen in mehrfacher Hinsicht gestärkt und ermutigt wurden, sich selbst auch einzubringen. Sie weiß, wie man Wissen weitergeben kann, ohne auf Lesen und Schreiben zurückgreifen zu müssen. Die Gruppe wurde in Diskussionen einbezogen. Anhand von praktischen Beispielen wurde der Umgang mit den Pflanzen und der Ernte demonstriert.
Unterstützt wurde sie von Fachleuten, die die Aufgabe hatten, praktische Handlungsschritte vorzubereiten und praxisnah vorzustellen, so dass sich alle in der Lage sahen, dies auch selbst nachzumachen. Der Anspruch an die Hygiene war sehr groß. Von Beginn an haben die Workshopleiterin und der Chief sehr viel Wert daraufgelegt hat, dass während dieser Schulung die Rahmenbedingungen so geschaffen worden sind, dass nicht nur der Lernprozess mit sehr viel Freude und Interesse durchgeführt wurde, sondern auch gleichzeitig die Hygienevorschriften selbstverständlich in das Handeln integriert wurden. Der Chief hat alle Gegenstände, wie die Stiefel, Schürzen etc. bereitgestellt und später wieder eingesammelt, da sie im Besitz der Community bleiben sollten. Das Training ging über 5 Tage jeweils von 8:30 Uhr bis 16:30 Uhr. Die Teilnahme lag bei 87% (Ausnahme war eine Beerdigung). Für uns ein wichtiger Indikator für das Interesse der Teilnehmerlnnen, denn in Malawi ist es nicht selbstverständlich, dass ein Workshop mit so viel Kontinuität und Verbindlichkeit angenommen wird.
Trainingsinhalt
Zu den Trainingshinhalten gehörte der Moringa Anbau, die Ernte, die Verarbeitung der Blätter, die Verpackung und Lagerung, sowie die Anwendung der Blätter als Nahrungsmittelergänzung. Detaillierte Infos wurden für die Teilnehmenden in einem bebilderten Handout zusammengefasst und ausgehändigt.
Lehreinheit Moringa: Kultivierung
Die Teilnehmenden wurden ausführlich über die Agro-Forstwirtschaft und die Produktion und Verbreitung von Samen und Stecklingen unterrichtet. Dazu gehörten Standortauswahl und die Vorbereitung des Bodens, die Pflege der Pflanze, sowie die Bekämpfung und Kontrolle von Krankheiten und Schädlingen. Sie wurden sowohl über intensive, als auch über nachhaltige Landwirtschaft informiert und deren Vor- und Nachteile wurden aufgezeigt.
Zur Herstellung von Kompost/organische Dungherstellung und Flüssigdünger mussten diverse Materialien vorbereitet und bereitgestellt werden: z.B. Oberboden, getrocknete Blätter/ Gras, Küchenreste, Hühner- / Kuh- / Ziegenmist, grüne Blätter und „wenn möglich Wasser“. Die Berater haben unter der direkten Aufsicht des Chiefs und seinem Leitungsteam gearbeitet und eng mit den Frauen und dem Frauen Club zusammengearbeitet. Von der Projektleiterin Mercy wurde erwartet, dass dem Berater in Bezug auf den geschulten Materialeinsatz vor Ort und die Schulung der Teilnehmenden nach der Schulung ein Feedback gegeben wird.
Lehreinheit Moringa Ernte
Die Lehreinheit zur Ernte beinhaltete nicht nur die eigentliche Ernte von Blättern und Samen, sondern auch Lagerung und Transport. Bei der Verarbeitung der Blätter, haben die TeilnehmerInnen die verschiedenen Prozesse vom Waschen, Trocknen und Mahlen gelernt und wurden besonders mit den Anforderungen an die Hygiene vertraut gemacht. Auch hier spielen neben der persönlichen Hygiene die Verpackung und Kennzeichnung des Produkts, eine besondere Rolle. In der Lehreinheit Moringa zur Ernährungsergänzung wurden die Teilnehmenden nochmal ausführlich über die Nährstoffgehalte und ihre Bedeutung und Anwendung für ihren alltäglichen Gebrauch informiert. Vieles was sie über die Moringa Produktion gelernt haben, wie das Herstellen von Kompost und natürlichem Dünger, verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz. Alle TeilnehmerInnen kamen aus dem ländlichen Raum. Viele von ihnen können nicht schreiben oder lesen und sind es nicht gewohnt, solche Lerneinheiten und Lernzeiträume wahrzunehmen. Deshalb mussten verschiedene Methoden der Vermittlung angegangen werden.
Aus diesem Grund stand die Workshopleiterin vor besonderen Herausforderungen. Da ihr die Frauen sehr am Herzen lagen, hat sie besondere Methoden auf die Lernenden zugeschnitten und angewandt. Ihr ist es zu verdanken, dass die Teilnehmerinnen aufmerksam und rege an dem Workshop teilnahmen. Bei dem partizipativen Ansatz konnten die Teilnehmerinnen eigene Beiträge leisten und jederzeit Fragen hinsichtlich des Lerninhalts stellen. Bei Gruppen- und Paar-Arbeit wurden im kleineren Kreise Fragen entwickelt, damit auch die zu Worte kommen konnten, die sich nicht trauten in der großen Gruppe zu sprechen. Bei den Demonstrationen wurde ganz konkret das Gelehrte in die Praxis umgesetzt. Zunächst wurden den Teilnehmenden die einzelnen Handlungsschritte in der großen Gruppe gezeigt, ehe sie in kleinere Gruppen zusammenfanden, um das Erlernte anzuwenden und zu zeigen, dass es auch verstanden wurde. Zum Beispiel wie man eigenen Dünger herstellt, um die Pflanzbedingungen für die Moringa zu verbessern, wie sie die Setzlinge pflanzen müssen, aber auch wie man sie beim Kochen einsetzt und dies in der Gruppe umsetzt.
Eine weitere Methode war die Diskussion, um kritische Fragen zu besprechen. Dazu gehört zum Beispiel die Frage nach den Anwendungsbereichen von Moringa, wie man Moringa in die Ernährung integrieren kann und wie Krankheiten damit verhindert werden können. Gerade in der Diskussion sollten verstärkt die Probleme besprochen werden, die mit der Anwendung von Moringa einhergehen und wie bei kritischen Problemen in der häuslichen Umgebung damit umgegangen werden kann. Bei allen Lerneinheiten wurde vorhandene Erfahrungen mit neuem Wissen verknüpft.
Beobachtung
Bei den meisten TeilnehmerInnen gab es so gut wie kein Hintergrundwissen bezüglich der Kultivierung und Nutzung von Moringa. Alles in allem hatten die Teilnehmenden keine Probleme das Erklärte aufzunehmen, zu verstehen und umzusetzen. Alle haben das Gefühl, dass ihre Erwartungen erfüllt worden sind und sie dadurch in der Lage sind, ihre unterschiedlichen Gesundheits- und Ernährungsprobleme in ihrem Haushalt besser zu bewältigen.
Die TeilnehmerInnen waren daran interessiert Moringa Bäume zu Hause zu haben und sie waren der Meinung, dass es einmal im Monat einen Frauen-Gesundheitstag geben müsse, damit sie sich mit Kritischen Problemen ihrer eigenen Gesundheit auseinander setzten können und damit besser vertraut werden. Sie beanspruchen nun für sich, die Probleme, um ihre reproduktive Gesundheit in einem besonderen Forum zu besprechen, wo kein Mann anwesend ist.
Zusammenfassung der Evaluation
Neben dem Klimaaspekt lag der Fokus auf dem gesundheitlichen Aspekt der Moringa Pflanze. 100% der Teilnehmenden haben gesagt, dass ihre Vorstellungen über den Workshop voll erfüllt worden sind. Die Evaluation ergab außerdem, dass sie mit der Präsentation und den Lerninhalten zufrieden waren. Auch konnten sie einen direkten Einfluss der Moringa spüren. Nach Einnahme von Moringasaft berichteten 8 Teilnehmende, ihre Gesundheit hätte sich verbessert und eine weitere Teilnehmerin erklärt, dass sie nach 7 Jahren endlich wieder gut geschlafen hat.
In einer abschließenden Kursbewertung sagten die Teilnehmenden, sie hätten einige brauchbare Kenntnisse und Fähigkeiten erworben, die ihnen ermöglichen ihre Gesundheits-und Ernährungsprobleme effektiver zu bewältigen. Sie sagten, dass sie während des Trainings lebenswichtiges Gesundheits- und Ernährungswissen erworben haben und wünschten sich ergänzend ein Schulungsprogramm für Frauengesundheit. Priorisiert haben sich die Frauen eine ortsnahe Klinik gewünscht und forderten einen Frauen-Gesundheitstag.Drei Monate später zeigten sich Umsetzungsprobleme, die es zu überwinden galt. Noch ein paar Monate später kam die Nachricht, dass die Frauen das Projekt nicht weiterverfolgen wollen. Es gab zunächst keine Erklärung. - Eine Entscheidung, die nach all den Erfahrungen nicht nachvollziehbar war. Zunächst zogen sich alle zurück und sprachen nicht darüber. Die workshop Berichte waren erfolgsversprechend gewesen und das Engagement der Frauen und des Chiefs hatte sich in der Vergangenheit immer bewiesen.
Im September 2017 traf Silvia Hesse noch einmal mit der Projektleiterin Mercy zusammen und fragte sie nach einem Rat. Auch sie konnte es sich nicht erklären.
Nach langen Fragen und Recherchen gab es drei mögliche Gründe:
- Ein regional umlaufendes Gerücht, dass Moringa die Manneskraft schwächt.
- Sie sich scheuten in die gemeinsame Produktion und Vermarktung einzusteigen, da sie sich mit den Rahmenbedingungen überfordert fühlten.
- Unsicherheit mit dem Anbau, da nicht alle Bäumchen überlebt hatten. Die extremer werdende Witterung konnte im Rahmen der Pflege der Setzlinge vielleicht nicht ausreichend ausgeglichen werden.
- Ihre Priorität sich verlagert hat, weil Sie sich nach einigen negativen Vorfällen nun vehement für den Bau einer Krankenstation für Säuglinge, schwangere Frauen und Mütter kleiner Kinder in Chingalire einsetzten.
Da die Frauen mit so viel Begeisterung mitgemacht hatten und großes Interesse zeigten, musste allen möglichen Gründen nachgegangen werden. Doch die Frauen wurden zunächst leise und zogen sich zurück. Um herauszufinden was an den Gerüchten über die Libido schwächende Wirkung von Moringa dran sein könnte, besuchte Silvia Hesse im Oktober 2017 mit einer kleinen Gruppe und dem Reporter S'busisiwe Gondwe mehrere Moringa Projekte im Land und eine bekannte Ärztin in der Nähe von Zomba, im Süden von Malawi. Sie leitet eine Klinik, die sie selbst aufgebaut hat und in der sie u.a. Patienten auch mit Moringa Produkten erfolgreich versorgt.
Auf die Frage, wie weit Moringa die Manneskraft einschränkt oder gar unterdrückt, hat sie dies ausgeschlossen. Sie lachte über das Gerücht und berichtete sehr ausführlich über ihre guten Erfahrungen und über die positiven Auswirkungen auf die Gesundheit. In dem Gespräch bestätigte sie, was auch Mercy den Frauen in Chingalire gelehrt hatte. Sie betonte, dass die zahlreichen Aminosäuren, die neben der hohen Menge an Kalzium in Moringa enthalten sind, den Muskelaufbau positiv beeinflussen und das Zellgewebe zusätzlich bei erhöhter körperlicher Anstrengung schützt. Somit also eher das Gegenteil von Potenz Minderung bewirkt. Um die Erkenntnisse zu kommunizieren, wurden diese Informationen in einem Video festgehalten.
Chief Mankhamba hat deshalb im April 2018 einen Vertiefungsworkshop angesetzt, um den Frauenclub mit der Fachexpertise der heimischen Ärztin zu überzeugen, ihr gelerntes Fachwissen zur Kultivierung, Verarbeitung und Verwendung von Moringa nun doch noch Schritt für Schritt produktiv selbst umzusetzen. Mit einem kulturellen Begleitprogramm wurde das Eis gebrochen und neue Motivation vermittelt. (Einsatz Video und Broschüre)
Darüber hinaus werden die Frauen durch gemalte Bilder an den Wänden an ihre Schulungen erinnert. Das Team von YSD steht für Informationen zur Verfügung und die Frauen sind eingeladen den Lern- und Erfahrungsort zu besuchen. Die dafür konzipierte Informations- und Werbekampagne ist in Abstimmung mit den Projektpartnern in Malawi schon fertig gestellt und steht zur Verwendung bereit.
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